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Mihai Eminescu

Mihai Eminescu (1850 – 1889) gilt als der bedeutendste rumänische Dichter des 19. Jahrhunderts. Seine formbewußte Liebeslyrik fasziniert durch Sprachmagie und Wohllaut, seine originellen Episteln bestechen durch sarkastischen Witz. Sein Werk setzte die Maßstäbe in der Entwicklung des Rumänischen zur Hochsprache. Aber die vom Weltschmerz geprägte Dichtung Eminescus, dessen tragische Existenz symbolisch für jene seines Volkes gedeutet wurde, besitzt über die nationale Bedeutung hinaus den Rang von Weltliteratur. Obwohl von der deutschen Dichtung und Philosophie zumindest mitgeprägt, ist sein Werk im deutschsprachigen Raum nahezu unbekannt geblieben. Die vorliegende Ausgabe will mit einer repräsentativen Auswahl einiger der berühmtesten Gedichte Eminescus diese empfindliche Rezeptionslücke schließen: in einer neuen, Wortsinn wie Sprachgestalt des Originals gleichermaßen entsprechenden Übersetzung.

Sonett I

Draußen ist Herbst; verstreuten Laubes Schaum.
Der Wind wirft Tropfen gegens Fenster schwer.
Aus alter Post in brüchigem Couvert –
was steigt da auf in einer Stunde kaum!

So gibst du süßen Nichtigkeiten Raum;
an deiner Türe klopfe nirgendwer ...
Doch schöner noch, bei Schnee und Eis umher,
am Feuer sitzen, übermannt vom Traum.

Vom Traum, der mir in die Gedanken greift:
Die Fee des Märchens, Dochia, steigt hernieder,
indes ein dichter Nebel mich umschweift.

Das Rauschen eines Kleides hör ich wieder,
gelinden Schritt, der kaum die Diele streift;
und dünne Hände decken meine Lider.

Zum Original

Mihai Eminescu
DER ABENDSTERN – GEDICHTE
Nach einer Interlinearübersetzung
von Geraldine Gabor
in deutsche Verse gebracht
von Ernst-Jürgen Dreyer.
Mit einem Nachwort
von Geraldine Gabor und Ernst-Jürgen Dreyer

174 Seiten, brosch. 10 Euro

DIETERICH’SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG
MAINZ

Aus dem Nachwort:

… der Dichter des Mondlichts über den schattenfeuchten Senken des Waldes ist auch eines Vorklangs der Moderne fähig, der etwa in den Betrachtungen des armen Dionis direkt dem Berliner Naturalismus präludiert: Der arme Poet, der bei seiner talgüberrotzten Karaffe in der Dachstube zwischen roten Wanzen und dem Kater dem Tod entgegenvegetiert, ist der ältere Bruder von Arno Holz’ frühem Phantasus, dessen Mietskasernen-Dach ja ebenfalls ganz im Eminescuschen Sinn »fast bis an die Sterne« stößt.

Ernst Osterkamp
in der FAZ über Eminescu und die Übersetzung von Dreyer/Gabor

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