Parforce und mit Gefühl Chris Godwins beyond-alexanderplatz.com ist zum größten Teil Alfred Döblin gewidmet. »I have translated this work by Alfred Döblin as a labour of love, out of a desire to bring this writer to wider attention in the English-speaking world«, erklärt er zu »Journey to the Land without Death«, dem ersten Band der von ihm übersetzten Amazonas-Trilogie. Das gilt dann auch für weitere Werke Döblins. Einiges von Godwin Übersetzte ist (bedauerlicherweise) zur Zeit nur in Form von PDF-Dateien verfügbar: außer der Amazonas-Trilogie auch »Citizens and Soldiers 1918« (erster Teil von »November 1918. Eine deutsche Revolution«), »Wallenstein« und »German Masquerade« (»Der deutsche Maskenball«). Bisher im Druck erschienen: »The Three Leaps of Wang Lun« (1991, Reprint 2015), »Mountains Oceans Giants« und »Manas« (beide 2021). Bei so viel Vertrautheit mit Alfred Döblin mußte Chris Godwin wohl auf Arno Holz aufmerksam werden. Döblin schätzte diesen Dichter. 1951 erschien in der Reihe »Verschollene und Vergessene« der von ihm herausgegebene Band »Arno Holz. Die Revolution der Lyrik. Eine Einführung in sein Werk und eine Auswahl«. Erster Satz: »Wir graben hier keine Toten aus, sondern bewahren Lebendige vor der Einmauerung.« Darin abgedruckt Döblins »Rede, gehalten bei der Totenfeier, Berlin, am 30. Oktober 1929«, vier Tage nach Holzens Tod. Die Rede schließt: »Sei bedankt für alles, tapferer Mann, stolzer großer Bruder.« So nahm sich denn Chris Godwin Arno Holzens 1898 und 99 in zwei Heften erschienenen Gedichtzyklus »Phantasus« vor und übertrug ihn ins Englische. Auch das, wie zu vermuten, aus »desire to bring this writer to wider attention in the English-speaking world«. Lokale Besonderheiten und Zeitgebundenes sind gewissenhaft in Anmerkungen erklärt. Bei den Miniaturen dieses kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert entstandenen »Phantasus« handelt es sich um ein Gewebe aus Umweltwahrnehmungen und damit kontrastierenden innerpsychischen Regungen. Meinem Eindruck nach ist es Chris Godwin GUT gelungen, die wechselnden Sprechtöne, die mancherlei Timbres zu erfassen und in der Übertragung zu bewahren. Er gab überdies siebzehn Stücke aus der stark »angeschwollenen« Ausgabe von 1916 dazu. Darin spannen sich manche der in recht kleiner, schmallaufender Fraktur gesetzten Zeilen fast über die ganze Breite der Folioseiten. Nachgemessen: 29,5 cm als äußerste Zeilenlänge. Und das oftmals innerhalb weit sich hinstreckender Kaskaden überlanger Sätze. Übersetzen als Parforceritt! Die Idee, Arno Holz dem englischsprachigen Lesepublikum nahezubringen, ist sicher nicht verwegen zu nennen. Der Duktus seiner Lyrik dürfte kaum als fremdartig empfunden werden. Chris Godwin denkt da an Gedichte von Robert von Ranke Graves als in mancher Hinsicht verwandt, mir fällt E. E. Cummings ein. Eine Buchausgabe wäre zu wünschen. RW |
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