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Der Schimmelreiter
von Finkenwerder

Zweiundzwanzigstes Kapitel

Der Schimmelreiter von Finkenwerder



Gorch Fock: Lachend in die Katastrophe

Nach allem Bisherigen ist meine These: »Seefahrt ist not!« ist ein Anti-Schimmelreiter. Bei dessen Erfindung ist Gorch Fock höchst manieristisch zu Werke gegangen. Bei direkten, verkappten bis hin zu reziproken Adaptierungen Stormscher Motive kommen verschiedenste Raffinessen ins Spiel.

Könnte sein – und das vielleicht am ehesten! – daß ihn der sinistre Stoff Storms gefährdend angerührt hat und er sich davon freischreiben mußte: Der Schimmelreiter ist schließlich eine Studie zu Suizidalität. Könnte sein, daß ihn geärgert hat, wie Storm mit seinen gebrochenen und gefährdbaren Charakteren zu Ruhm gekommen ist. Könnte sein, daß es um eine Wette oder den sozusagen sportlichen Ehrgeiz ging, den Großen Storm zu überstormen. Könnte auch sein, daß ihn das anamorphotische Vexierspiel reizte ... so ganz ohne Einblick in Johann Kinaus Regungen spekuliere ich nicht weiter.

Gorch Fock hat sich jedenfalls ganz andre Tendenz vorgenommen: Frisch, heidnisch, fröhlich, frei sollten seine Helden sein, natürlich auch deutschgesinnt. Nicht zergrübelt, nicht gegen ungelöste bis unlösbare Widersprüche lebend, daran leidend und zugrunde gehend.

Unter den Tagebuch- und Briefschnipseln in den Sämtlichen Werken findet sich eine auf 1912 datierte briefliche Bemerkung mit Bezug auf das wohl kurz zuvor erschienene »Seefahrt ist not!« – an die Freundin Aline Bußmann gerichtet, wie nach dem Siezen zu vermuten ist:

    Eins sollen Sie mir bei dem Seefahrtsbuch zugute halten: daß es ein abgearbeiteter, körperlich müder Mann im Kampf mit Schlaf und Traum vor Tau und Tag geschrieben hat, daß ein Gefangener da seine Sehnsucht hinausgeschrien hat, und daß es ein herbes, männliches Buch ist, ein Gegensatz unserer weibischen Zeit. (Gorch Fock V 235; auch Sterne 29 f.)*

Da ist also Intention erklärt ... aber was ist mit »weibisch« gemeint? Fiel für Gorch Fock etwa auch Storms Hauke Haien darunter, wenn er betet und abends und morgens »an der Wiege seines Kindes [...] auf den Knien« liegt, »als sei dort die Stätte seines ewigen Heils« (Sch 102)? Denn können wir nicht von Klaus Mewes lernen, daß das Beten Frauensache ist und daß ein Mann mit einem kleinen Kind auf dem Arm zu gelten habe als »ein Hahn, der auf Eier gesetzt sei« (Sin 40)?

Und doch will mir scheinen, daß Gorch Focks Roman letztendlich mißlungen ist. In seine beiden so strahlend heldischen Klaus Mewes ist ihm – und darin scheint mir das Mißlingen zu bestehen – verhängniskündende Düsternis hineingeraten. Altdeutsch mythisches Dämmerlicht beleuchtet das Lebensmuster des älteren Klaus Mewes:

    [...] jeder Seefischer ist ein Hagen, der ins dunkle Heunenland hinunterzieht. (Sin 179)

Ausgerechnet der nicht nur einmal berufene Siegfriedmörder Hagen (außerdem Sin 248)! Der ist doch überdies Schiffszerstörer, wie Hebbel im zweiten Akt von »Kriemhilds Rache« in der ersten Szene vorführt. Ganz nebenbei kommt auch noch raus, daß er den Donau-Fährmann Gelfrat, den Riesen, den Stolz der Bayern, ermordet hat. Die Wendung »jeder Seefischer« heißt, und das wird noch einmal bekräftigt: Auch Störtebeker, der am Schluß des Romans mit seinem eigenen Kutter im Winter auf den lebensgefährlichen Austernfang ausfährt ... »Daß er so lachen kann, der junge Klaus Mewes!« (Sin 275). Als meldete sich hier Gorch Focks Zweifel an der lachenden Maske seiner Helden.

Oliver Böhm: Lithographie Mordsee

Was ist denn davon zu halten, daß entgegen aller gleich doppelt bekundeten Hagenhaftigkeit der kleine Störtebeker anfänglich mit »Jung Siegfried« (Sin 13), dem späteren Opfer Hagens, überblendet wird?! – von der handwerklich bedenklichen Adjektiv-Inflation in dieser Passage sei abgesehen:

    Das war sein Junge, der kleine Mann mit den hellen Haaren, den blauen, nordischen Augen und dem wettergebräunten Gesicht, der eine graue, wollene Matrosenmütze aufhatte, um den Hals ein schottischbuntes Tuch trug, einen weißblauen Buscherump und eine marineblaue Büx anhatte und auf braunen Segeltuchschuhen ging, wie ein Janmaat, der auf Freiwache ist und sich landfein gemacht hat. Das war sein Junge! Wer den so gehen und stehen sah, dem mochte wohl das Gedicht von Uhland einfallen: Jung Siegfried war ein stolzer Knab [...]. (Sin 13)

Und was ist davon zu halten, daß Gorch Fock im Titel wie im Text das programmatische, dem Bluthund Pompeius gewidmete Plutarch-Zitat fälscht?! So pathetisch holte er es sich für seine beiden Klaus Mewes:

    Du Wind mußt wehen, du Sonne mußt lachen, du Wasser mußt blinken, auf daß die Freude in Klaus Störtebekers Herz komme und er die Fahrt lieb gewinne, auf daß er ein Fahrensmann werde! Daß er sich dem Kampf mit der See zuschwöre, wie der Knabe Hannibal dem Kampf mit Rom [...]!

    Denn navigare necesse est – Seefahrt ist not [...]! (Sin 142)

Als Klaus Mewes seinen Sohn durch Bremen führte, zeigte er ihm den Dom und den Bleikeller, die Börse, den Schütting, das Rathaus, den Roland, das Wilhadi-Denkmal, den Ratskeller und das Essighaus (Sin 171–174). Der kleine Abstecher zum damaligen Haus Seefahrt scheint aber nicht not gewesen zu sein. Steckt Absicht dahinter, also bewußtes Vermeiden? Denn dort am Portal war das ominöse Zitat ja vollständig wiedergegeben:

    Navigare necesse est, vivere non est necesse.

Leben ist nicht not: Gorch Fock skizziert so ein düsteres Menschenmodell mit integriertem Selbstzerstörungsprogramm. Entweder hat er nicht aufgepaßt, und ihm ist unbeabsichtigt etwas durcheinandergeraten, oder er zielt – unterschwellig? – tatsächlich auf den getriebenen Nihilismus ab, der Selbstzerstörung wie Sport betreibt:

    Was ihn treibt, ist das, was Hagen trieb, den Zug ins Heunenland mitzumachen: es ist ihm um die Ehre zu tun! Er muß überall der erste sein! (Sin 276)

Bei genauem Hinsehen betreibt auch Gorch Fock selber flagrant Schiffszerstörung. Indem er in »Seefahrt ist not!« H. F. 125 im Skagerrak untergehen ließ, versenkte er in seiner literarischen Phantasie den väterlichen Ewer H. F. 125. Die Zerstörungs-Phantasie mag im Schmerz über Verkauf und entstellenden Umbau des Ewers wurzeln, 1908 so ausgedrückt:

    An der Werft, neben der Landungsbrücke, lag H. F. 125, unser alter, treuer, guter Ewer. Ich war tief erschüttert, als ich ihn in Sicht bekam. Er sah mich mit seinen großen Klüsenaugen an und sagte langsam, ganz leise und wie im Traum: »Jan, Jan! ... Kriegt wi uns doch noch mol wedder to sehn? ... Hebbt ji mi noch ne ganz vergeten? ... Mit mi is 't nu ut, Jan, dat sühst du woll ... Mi hebbs afslacht [...] ... De Beson is weg, un de Grotmast is bloß noch harf, keen Gaffel hebb ik mihr un keen Seils. Ik wull leber, se harrn mi ganz to Fürhult mokt ... (Gorch Fock V 166 f.) [1]

Absurdes Seitenstück zum integrierten Selbstzerstörungsprogramm: Wie einmal die Mölders, eine Einheit des Kieler Zerstörergeschwaders, sich den Schornstein bald weggeschossen hat. War vor der Zeit, zu der mein Sohn Ulrich auf der Lütjens fuhr, aber seinem Erzählen nach unter den Gasten noch gern erinnerter Vorfall. (Auch damit müßte eigentlich die in teuren Pannen erprobte Mölders bestens durch die Presse gegangen sein.) Bei einem Übungsschießen wurde eine »Harpoon« gelauncht, die sich mit Hilfe ihrer Thermosensoren auf Infrarotstrahler einlenken kann und jeden Radar unterfliegt. Wie da so auf der gewaltigen, weiten, leeren, blauen See sonst nichts der Art zu finden war, drehte sie halt um und fand zur Überraschung der Wache den von Schiffsdieselabgasen erhitzten Schornstein. Zum Glück wars ein Dummy ohne Sprengkopf.

Warnung: Jetzt erlaube ich mir einen Exkurs in Psychologika, angesichts derer mich mal wirklich massiv der Zweifel anfaßt, ob ich so was »darf«. Ich bin kein Psycholog. Aber es hilft ja alles nichts: Wie das Gorch Focksche Schiffeversenken in den Blick kommt, »muß« ich doch mit meinen Beobachtungen was anfangen!

H. F. 125, die Kennung des väterlichen Ewers, hat Jan Kinau = Gorch Fock direkt in »Seefahrt ist not!« eingehen lassen. Nun gut: der Schiffsname wurde für den Roman von Cecilia (Gorch Fock V 169) auf – sonderbarerweise! – Laertes geändert. Sollte denn aber Gorch Fock den zugehörigen Schiffseigner, also seinen Vater Heinrich Kinau, ganz draußen vor gelassen haben?

Auf dem Fond des autobiographischen Substrats (mehrfach schon angeklungen!) steht Klaus Mewes sen. gut verankert für einen strahlend-ideal figurierten Vater – »Herr und König seines Lebens« (Sin 16). Kann gut sein, daß Gorch Fock = Jan Kinau das Vater-»Introjekt« tatsächlich so wahrgenommen hat.

Aber: Wenn Gorch Fock sein »kindheitliches alter ego« (wie ichs zu nennen beschlossen hab) Klaus Mewes jun., den kleinen Prinzen Störtebeker, nicht nur mit dem jungen Hauke Haien und der Deichgrafentochter Wienke überblendet – deren Väter schlagen nicht! – sondern unübersehbar (? ... 80 Jahre lang wurds übersehen) mit dem so unglücklichen Sohn aus Theodor Storms Hans und Heinz Kirch ... müßte dann nicht dessen unsäglicher Vater Hans Kirch zunächst für Gorch Focks Klaus Mewes sen. und dann – um die Gleichung vollständig zu machen! – für Heinrich Kinau, Jan Kinaus realen Vater, eingesetzt werden ...?

Hans Kirch straft seinen Sohn Heinz eingeschmissener Fensterscheiben wegen kalt mit dem Stock ab (Storm II 210), einmal scheint er ihm im Jähzorn mit dem schweren Hausschlüssel an den Kopf geschlagen zu haben, als Heinz verspätet nach Haus kam:

    Aber Hans Kirch hatte zu lange auf seinen Sohn gewartet. »Hüte dich!« schrie er und zuckte mit dem schweren Schlüssel gegen seines Sohnes Haupt. »Klopf nicht noch einmal so an deines Vaters Tür! Sie könnte dir verschlossen bleiben.« (Storm II 217)

Dagegen scheint Störtebeker von seinem Vater Klaus Mewes durchs ganze Buch hindurch geschont zu werden. Nachdem Störtebeker von seinem gefährlichen Ausflug an die Fahrrinne im mürben Elbeis zurückgekehrt ist – er hatte seinen ohne Abschied ausgefahrenen Vater verabschieden wollen – überträgt seine Mutter Gesa das Prügeln dem Großonkel:

    [...] da warf die Mutter sich schluchzend über den Tisch und sagte: »Haut ji em Unkel, haut ji em: ik kannt ne!«

    »Hebben mütt he wat,« erklärte der verbissene und durch das viele Rufen gereizte Alte.

    »Du kannst mi haun, Mudder, ober van Korl-Unkel lot ik mi ne haun,« sagte Störtebeker mit blitzenden Augen, aber der alte Jäger [...] knurrte grimmig: »Wat? Van mi lettst du di ne haun, du Kosak? Dat weut wi doch mol wies warrn!«

    Erst wollte Störtebeker sich wehren, wollte hinauslaufen, dann aber war ihm auch das einerlei: mochte er ihn tothauen, wie Jan Külper ihn über Bord werfen wollte. Unbeweglich blieb er stehen und ließ sich schlagen, ohne zu zucken oder zu schreien. Nur seine Augen funkelten: dat ward ne vergeten! Diese Ruhe brachte den Alten noch mehr auf und er schlug ihn noch ärger, da warf sich aber die Mutter dazwischen und drängte die beiden auseinander, denn sie wußte, daß der Trotz des Jungen nicht zu brechen war, daß er sich lieber krumm und lahm prügeln ließ, ehe er einen Laut von sich gab. (Sin 68) [2]

Die Mutter scheint also fürs Schlagen durchaus zuständig zu sein. Sie praktiziert es auch tatsächlich, als Störtebeker – gegen ihr Verbot – zwecks Ausschau nach seinem verschollenen Vater mit seinem Kahn ausfährt und »wegen des starken Ostwindes« erst spät abends zurückkehrt:

    Da konnte Gesa sich nicht mehr halten: der Zorn überschrie alles andre in ihr und sie schlug ihn sehr. Er stand still und ließ sich schlagen, weder wehrte er sich, noch lief er weg, noch schrie er: fest biß er die Zähne aufeinander, um keinen Laut von sich zu geben. (Sin 266)

Nicht, daß Klaus Mewes sen. insgesamt so friedfertig wäre ... das zeigt sich bei den Vorbereitungen zum Eisbrechen (gewährt auch Einblick in die Ausgestaltung der »sozialen« Beziehungen an Bord):

    Hein Mück, der erst gegen Morgen von Musik gekommen war, konnte kaum die Augen offen halten, aber sein Tappen half ihm nichts: er bekam die nassen Fausthandschuhe zu schmecken und mußte tüchtig daran glauben. (Sin 43)

Und da will ich doch diese Stelle aus Störtebekers Sturmfahrt über die Tegeler Plate – grade drei Faden haben sie noch unterm Kiel – anziehn:

    In diesem Augenblick schiebt Störtebeker, dem die Zeit zu lang wird, die Kapp auf, um auszugucken: da schlägt ihm die See dermaßen ins Gesicht, daß er das Gleichgewicht verliert und holterdipolter die Treppe hinuntersaust. Er krabbelt sich aber gleich wieder auf, schiebt die Kapp zu und sagt zu Hein, der ihn ungeachtet seiner Bangigkeit auslacht: »Junge, dat do ik ne wedder, Hein! Wat hebb ik een kregen! Meist, as wenn Vadder mi een fixen Backs geef!« (Sin 199) [3]

Also auch der Vater schlägt den Sohn! Das aber hat Gorch Fock auf die See abgewälzt. Er scheint diesen Vater vor Verurteilung haben schützen zu wollen. Das scheint wirksam gelungen zu sein. Wenigstens merkt Aline Bußmann in diesem Sinn an, was sie wohl von Gorch Fock direkt zu verstehen bekommen hatte:

    Eine ganz starke Liebe zog ihn zu seinem Vater. (Sterne 11)

Erinnerung an die nicht nur schmerzhaften, sondern immer auch tiefer entsetzenden Schläge scheint gar durch ein Empfinden eigenen Verschuldens abgedämmt zu sein. So ließe sich verstehen, was Gorch Fock unterm 28.8.1915 in Feldpostbrief oder Tagebuch schrieb (nach einem anderswo abgedruckten Brief vom 28. – Mensch 147 ff. – geschrieben »Bei Wyschytze, nordöstlich von Brest-Litowsk):«

    Vater schreibt gut: ich fühle, wieviel er von mir hält. O – ich muß wiederkommen, ich habe so viel gutzumachen – – (Gorch Fock V 278)

Die Erfindung »Seefahrt ist not!« ist deutlich in Biographie verankert, bis hin zu zwei Fangreisen, auf die Heinrich Kinau seinen Sohn Jan mitgenommen hatte. So erzählte der Bruder Jakob darüber:

    Zweimal in den Schuljahren nahm Vater Jan und Heiner mit nach See, und diese Reisen waren entscheidend für den späteren Beruf. Der kleine, schmächtige Jan wurde so seekrank, daß all seine Tapferkeit nicht dagegen aufkam, der stewige Heiner hingegen war vom ersten Tage an seefest. Für die Seefischerei war Jan als ungeeignet befunden worden. (Gorch Fock I 13)

Aline Bußmann spitzte das zu:

    Die Jugend des kleinen Klaus Störtebeker in der »Seefahrt« ist nicht erdichtet, sie ist von ihm erlebt [...]. (Sterne 11)

Angesichts der Deckungsgleichheiten von Biographie und literarischer Phantasie also dieser Schluß: Jan Kinau war ein – auch vom Vater – (hart!) geschlagenes Kind. (Das hätte ich ihm anders gewünscht.)

In der Lebensbeschreibung für die Gorch Fock-Werkausgabe bezeichnet der Bruder Jakob den Vater einmal als »Hartdrieber«, also als jemanden, der auch unter ungünstigen – das heißt hier: hochgradig lebensgefährdenden – Bedingungen auf Fang ausfährt. Vorsichtig sind Schwierigkeiten mit der Verwandtschaft (»Korl-Unkel«?) angedeutet:

    Dem alten Großonkel, bei dem wir wohnten, wuchs der Kinderlärm bald über den Kopf. Wir mußten ausziehen in eine ebenso kleine Wohnung hinter dem Elbdeich. (Gorch Fock I 12)

Aber Jakob Kinau hält elterliche Gewaltbereitschaft und -tätigkeit aus der Lebensbeschreibung raus. (Nu, so etwas hätte ja wohl auch nicht so recht reingehört in die Sämtlichen Werke ... als blankpoliertes literarisches Denkmal gemeint.) –

Weht also im Äquinoktialsturm, der dem Ewer H. F. 125 und seinem Schiffer ein Ende bereitet, ein Hauch von Bestrafung mit (... vom Betroffenen – meiner Vermutung nach – gerade noch von sich selbst abgewendet)?

*) Hier stellt sich editorische Unschärferelation ein. Was in den Sämtlichen Werken als Briefauszug von 1912 wiedergegeben ist und 1921 von Aline Bußmann – »er schrieb mir damals« – in eine »Lebensbeschreibung« hineinzitiert wurde (Sterne 28–30), findet sich weithin gleichlautend in Hugo Siekers Ausgabe von Gorch Focks Briefen an Aline Bußmann, und zwar in einem Brief vom 10.1.1913 (Mensch 36–39) ... aber dort ohne die herb-männliche Bemerkung.

1] Jan, Jan! ... Kriegen wir uns doch noch mal wieder zu sehen? ... Habt ihr mich noch nicht ganz vergessen? ... Mit mir ist es nun aus, Jan, das siehst du wohl ... Mich haben sie abgeschlachtet ... Der Besan ist weg, und der Großmast ist nur noch halb, keine Gaffel habe ich mehr und keine Segel. Ich wollte lieber, sie hätten mich ganz zu Feuerholz gemacht ...
2] Haut Ihr ihn, Onkel, haut Ihr ihn: ich kann es nicht! – Haben muß er was – Du kannst mich hauen, Mutter, aber von Onkel Karl lasse ich mich nicht hauen – Was? Von mir läßt du dich nicht hauen, du Kosak? Das wollen wir doch mal sehen! – das wird nicht vergessen!
3] Junge, das tu ich nicht wieder, Hein! Wie habe ich eins gekriegt! Fast wie wenn Vater mir eine gehörige Ohrfeige gäbe!

Literatur:
Gorch Fock = Gorch Fock: Sämtliche Werke in fünf Bänden. Hg. von Jakob Kinau. 18.-22. Tsd. Hamburg: Glogau 1941.
Sch = Theodor Storm: Der Schimmelreiter. Stuttgart: Reclam 1963 (RUB 6015)
Sin = Gorch Fock: Seefahrt ist not! 188.-192. Tsd. Hamburg: Glogau 1933.
Sterne = Gorch Fock: Sterne überm Meer. Tagebuchblätter und Gedichte. Hg. von Aline Bußmann. Hamburg: Glogau 1921.
Storm = Theodor Storm: Sämtliche Werke. Hg. von Christian Jenssen. Die Tempel-Klassiker. 2 Bde. Wiesbaden: Vollmer o.J.

Lithographie »Mordsee« von Oliver Böhm



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