Komm, komm, lockt der Schritt...


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Abgeschickt von Frank Walter am 12 November, 2004 um 11:47:51

Komm, komm, lockt der Schritt........

Den Bismarck noch zu ehren, ist doch Mist!
Ich tu das nicht, mein Vater war ein Linker.
Die Oma klug, der Opa Kommunist,
Ach, wie erzählte sie von einem Stinker,

Der trommelnd mit den Pimpfen kam zum Haus
Zum Höhnen: „Warum kommt ihr Sohn nicht mit!“
Obgleich in angst warf sie den Stinker raus
Und hielt den Sohn zurück, der Stiefeltritt

Des Zwergennazis ging und Vater blieb!
Und jeden Tag hielt sie ihn fest am Arm.
An diesem kleinen Widerstande rieb,
Sie sich ihr großes Herz, die Seele warm.

Wie groß war dieser kleine Widerstand,
Was ich nach zwanzig Jahren erst verstand.

Gestapo kam alsbald bei ihr vorbei
Und sie, verhört, erzählte, dass zu arm
Für diese Uniform sie leider sei
Und heuchelte noch Scham und zwar mit Charme.

Und der Gestapoarsch? – Er glaubte ihr
Und zeigte sich so generös und „menschlich“,
Dass er in seine Tasche griff und vier
Der kleinen Scheine zückte und war glücklich.

Sie nahm das Geld und kaufte davon....Milch!!
Und hielt den Sohn an seiner Schulter fester,
Denn lauter brüllte dieser Naziknilch
Und trommelte die Pimpfe vor das Fenster.


Sie kniff dem Söhnchen drohend in die Backe.
Er trank die Milch und nie die braune Kacke.


Da kam, um nachzuschauen, der Geheime
Und schlug zusammen vor ihr seine Hacken.
Er hob den Arm: „Heil Hitler!“ und zum Reime
Blies sie: „Ham Liter!“ aus den kecken Backen.

Sie hatte eine Kanne in der Linken
Mit einem halben Liter Milch darin im Krieg.
Sie musste mit der Rechten aufwärts winken,
Den Gruß erwidern, doch ihr schönster Sieg

Blieb meiner Oma doch ihr ganzes Leben.
Denn niemals blies sie dieses Doppelwort.
Nur schnell: „Ham Liter!“, um im Stolz zu schweben
Und der Gestapoarsch ging .... zweifelnd....fort.

Vielleicht war sein Respekt vor ihr enorm,
Denn Vater trug sie nie, die Uniform!


„Ach ihr!“, rief ich als Kind mit dreizehn Jahren,
„Ihr habt doch alle damals mitgeschrieen!“
Sie griff mich, wo einst ihre Hände waren,
An dieser Schulter, um mich tief zu ziehen.

Zu setzen bat sie mich auf diesen Sessel
Und dann erzählte sie mir die Geschichte.
Sie ist mir heut noch allerschönste Fessel,
Solch Glaube, Mut und Stolz in dieser Dichte!

In meine Augen treten heiße Tränen.
Zu dieser Haltung wär ich viel zu feige,
Doch möchte ich das Andere erwähnen,
Vor dem ich mich hier niemals so verneige:

Manch einer, dem beim Bismarck Augen glänzen,
Weiß nicht: Sein Herz schlägt nur in engsten Grenzen.

Mit starrem Blick, zum V gespreizt die Beine,
Mit steifem Nacken stand er stolz und stark.
Die Nazistinker stehen nie alleine,
Denn das Gefühl, das strömt, durch Bein und Mark

Wird ihnen nur bewusst im Massenwahn.
Und allenfalls allein, wenn sie bei Großen
Sich nieder buckeln brav als Untertan,
Kann das Gefühl durch ihre Mauer stoßen.

Ihr Blick ist steif fast wie ein Messerstich
Und glauben noch, dies zeige Offenheit.
Bei diesem Blick, pass auf!, sie täuschen dich
Und heucheln noch mit der Betroffenheit.

Wer Preußen liebt, dem ist das Herz verloren
Und Omas Mahnung klingt mir in den Ohren:


„Gefahr, mein Kind, kommt stets von Rechts und meide
Proleten, die in Massen mutig brüllen!“
Sie blickte tief in jenes Menschenleide,
Das manche mit Bewunderung verhüllen.

Bewundern, heißt, nach oben die Ekstase
Des kleinen Kinds in sich noch auszuleben.
„Sie führen dich rhetorisch an der Nase.
Der Preußenmensch will römisch machtvoll streben!“

So sprach die Oma und sie blickte weich.
Kein Wort verstand ich damals, als sie mahnte.
In ihren Augen sah ich jenes Reich
Der Angst des Menschentiers, so dass ich ahnte:

„Sei still nun, hör ihr zu, denn dies ist wahr!“
Ich fühlte eine Macht, die stärker war.


Ich fühlte diese Macht, die stärker ist
Und spürte, diese Macht kommt nicht! von oben.
Es war die Weichheit, die mit Preußenlist
Und Stechschritt aus dem Herzen war verschoben.

Selbst heut noch, schaut nur Preußenmenschen an,
Wie ihre Augen glänzen vor dem Fürsten.
In ihren Augen ist der Gott ein Mann.
Sie prügeln Kinder, bis die Herzen bersten.

Für mich, mein höchster Gott, das ist das Echte,
So wie es mir die Oma beigebracht.
Sie log nur dann, sie sah das wirklich Schlechte,
Wenn sie gezwungen war von äußrer Macht.

Wer Bismarck sieht als einen stolzen Ritter,
Den schau ich an und denke nur: „Ham Liter!“




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