Abgeschickt von Frank Walter am 16 November, 2004 um 16:02:40
Apollo und Daphne
Apollo stach den Drachen unten nieder,
Und stolz wie Lichtgestalten sich bewegen
Trat er ans Tageslicht zum Freien wieder,
Da kam die hübsche Daphne ihm gelegen.
Sie rannte weg in angst. „Warum?“, fragt ihr.
Er war zu aufgebläht in seinem Sieg,
Zu sicher seiner selbst, gefühllos stier
Sein Blick mit Mordlust voll nach diesem Krieg.
Er lief ihr nach und trieb sie in die Enge.
„Errette mich“, rief sie, „Oh Zeus, so höre!“
Verzaubert war sie gleich in ganzer Länge,
Zum Lorbeerbaum mutiert und in die Röhre
Blickt nun Apollo und muss sich begnügen
Mit Dichterruhm, dem Lorbeerkranzvergnügen.
Ob sich Apollo noch die Frage stellte,
Weshalb ihm Zeus das Liebesglück verwehrte?
Er jammerte noch lang, der so Geprellte,
Doch war er selber schuld, der Triebgestörte.
Denn Drachen in uns sind so wertlos nicht.
Sie fesseln selbst die allerschönsten Frauen.
Wer diesen Drachen in sich niedersticht,
Darf nicht erwarten, dass ihm Frauen trauen.
Die Daphne wäre sicher nicht geflüchtet,
Hätt unsre Lichtgestalt ihn nur gebändigt.
Wenn er das Tierischste in sich vernichtet,
Hat er doch gegen ein Prinzip gesündigt.
Das Nichtgewusste in sich niederkämpfen
Schafft klarstes Licht, doch nur mit Magenkrämpfen.
Apollo stach das Regressive tot,
Entmannte jenen Drachen des Inzestes.
Das Logisch-Klare käm in größte Not,
Es darf nicht sein, was ist, er gab sein Bestes.
Dionysos hätt hier den Krug geköpft
Und sich mit dieser Drachenbrut betrunken.
Der Mythos ist auch heute nicht erschöpft,
Denn Depressive sind dort hingesunken.
Manch einer flüchtet manisch apollinisch
Und wundert sich, dass ihm das Herz erkaltet.
Ein andrer pharmazeutisch dionysisch,
Wodurch man die Synapsen umgeschaltet
Und ihm Bewusstes eingenebelt hat.
Dann passt er in die Masse, fügt sich glatt.