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HIEB- & STICHFEST

Meiendorfer Druck Nr. 40

 

Folgendes sonett schickte Robert Wohlleben den Streitsonetten voraus:

    Ein schieres Stich- und Hiebfest
    bescheren uns die Dichter.
    Das wächst sich aus zum Triebtest ...
    als ginge es nicht schlichter!

    Was uns zur Not ein Dieb läßt,
    verleidet uns Gelichter.
    Was niemand je durchs Sieb preßt,
    verstopft auch niemands Trichter.

    Da komm mal drauf und dann
    erläutere, wer kann,
    wie Tinte auf den Strich näßt.

    Als Adam grübelnd spann,
    besann er sich ... doch wann
    wars jemals HIEB- UND STICHFEST?

Leute, kauft dieses buch. Ihr habt darin ein halbes dutzend deutsche großdichter auf einen haufen. Meiendorfer Drucke werden bald unbezahlbar sein.

Jetzt aber Ich- & stiebfest:

Ein gedichtgefecht auf hoher warte, an tiefe fragen rührend, wann hat es das zuletzt gegeben? wir wissen von Meckel / Törnes freundschaftlichem versewechsel eine generation zuvor. Hier beversen sich wieder zwei dichter. Doch beiden geht es um angelpunkte, die welt in der waage zu halten oder zum klingeln zu bringen. Am ende wedelt die coda mit der kadenz, die fuge steht aus. Mehrmals haben die sonettkoordinatoren Kaarst und Cornwall, Hamburg und Berlin tenzonen gesponnen, über spinner, spinnen und mauern; auch eine gemeinsame kantate gibt es, falls irgend ein Bachurenkel lebt. Im frühjahr dieses Marsjahres 95 also trafen Klünner und Rarisch sich im morgengrauen. Der »Form«, dem sonett, für ihn prüfstein der dichternatur, verschworen, es zu verteidigen gerüstet war Rarisch – Klünner, von der surrealité gekommen, vor reimen sich schüttelnd, sonettierend mit leichter hand, verfocht die »Transformation«. Beide bogenmeister spannten die form bis zum überspann und fanden vor einbruch der dunkelheit zurück. Wir halten die partie für von öffentlichem interesse. Frau Welt redet ihr Wörtchen mit. Wir sind in dem bauloch bei Potsdam, zwischen der form, die gebrochen lag, und der transformation, die ihre schrecken wirft, im luftraum gestürzter -bisse bis -karoi über dem ausgeschachteten has- und igelfeld. Das nur andeutsam, wer weiterliest bleibt unter uns. Was ist davon zu haben?

parzival- und animalisches spielen hinein in Rarischs grimmigen ernst, in Klünners nachlässige heiterungen. Im pförtnerhaus der eigentumsvorbehaltenen abtei Lethema begegnen sich Li Po und Tu Fu. Wir hören den dichtenden mandarin und den mandarinen dichter, sehn klause und theke, tabak und wein, die herbe und die süperbe hand, Sorbonne und Sodompark.

Po Li kuriert seinen kater mit O-Ton, Fu Tu trinkt sich einen I-bis an, im gemütlichen teil gehts tittenhoch in die ozonzyklone und hodentief ans pantarheisch-kreißen, da sind wir schon in hansischen gebreiten und zwei barone wachen ihren nüchter ein. Das weltlied ist auch in Sonetten stimmbar, wir müssen nicht im Vaticanum suchen. Berlin im vierzehnzeilenrausch, gib uns Ohro-, Naso- und Augopax! et tolle peccata mundi!

Dr Delzepich
Impressum 2/1996

Lothar Klünner, Klaus M. Rarisch & al.:
Hieb- & stichfest
Streitsonette
Tenzone & Coda

Meiendorfer Druck Nr. 40

 


 

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