Gebet

Wir beten nicht, doch wird ein Tag geschehen,
da ganz von selbst Gebet sich spricht. Dann senkt
ein Weib das Fingersieb vom Kopf, zu sehen,
was Bäume singen – einfach hingeschenkt.

Wir glauben nicht, doch einst kommt Nacht, da lassen
wir Wahrheit ein ins Herz – du weißt: das brennt;
dann steht ein Mann stockstarr, das Lied zu fassen,
das ferne Bahn von seiner Jugend kennt.

Nun bet für uns. Rasante Terzenstufen
sind Trost dem Mieter, der da übers Nest
im Tale hinschaut. Dunkel wirds, sie rufen
ein Kind, als wärs verlorner letzter Rest.

Nacht steht ums Haus. Drin betet die Frequenz –
Biskaya, Dogger, Skagen, Hel, Shetlands.

    Robert Wohlleben

Nach »Prayer« von Carol Ann Duffy
in The Times Saturday Review, 1992

 

das Original