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Abgeschickt von Manfred Drewitz am 12 Januar, 2003 um 01:46:05
Gern würde ich auch von meinen zum Besten geben
Hier fängt es an
Hier fängt es an, rechts unten wird es enden!
Ein vierzehn Zeilen währendes Bankett,
so überschaubar kurz ist ein Sonett.
Serviert in knapp vier Gängen, ist verschwenden
der pure Luxus, gilt es, in behenden
und zartgefeilten Worten kein Korsett
um Anmut und Gehalt zu ziehn. Kokett
könnt mans, wärs Waffe, als Florett verwenden.
Sorgfältig ausgesuchte Silbenhäppchen,
aus denen eine Prise Wahnwitz blitzt,
bewahren es davor, als feiles Schnäppchen
am letzten Lyrikgrabbeltisch zu landen.
Den Dichter aber, der beim Köcheln schwitzt,
betrübt es, wenn Gourmands prosaisch stranden.
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Abgeschickt von Manfred Drewitz am 14 Januar, 2003 um 01:15:32
gedankenspiele?
ist ab die kurse sind gefallen
der dax stagniert die baisse lockt die
verbannten ratten an und bockt sie
verbal zu rotten auf sie lallen
die alten braunen schlachtgesänge
erbrechen oberwasser und der
krepierte gröfaz geistert munter
geschminkt durch vorstandsgänge
akademien bilden neue
geführte führer aus die treue
fault wiederum im mark und zack
poliert man nicht gedankenspielend
klammheimlich auf den umsturz zielend
kanakenfressen geil der lack
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Abgeschickt von Manfred Drewitz am 20 Januar, 2003 um 00:27:45
Missratener Versuch
einer Vertiefung der Materialien zu einer
Kritik der bekanntesten Gedichtform italienischen Ursprungs
(Robert Gernhardt augenzwinkernd zugeeignet)
Sie mögen Sonette? Sind Kenner? Goûtieren
den Klang und die Anmut, die Spannkraft des reinen
Gereimten, Gehalt, Dialektik, die Leinen
des langen Gedankens, der A offerieren,
dann, sechs Zeilen später, ein O annulieren,
ja, nichten kann? An meine Brust! All den kleinen
Verächtern die Pest ins Gebein! Ach, Sie weinen?
Sie wollen dies Machwerk partoût malträtieren?
Dann müssen Sie erstmal vor Ungeduld braten!
Sie haben gefälligst den Rest zu durchhetzen,
bevor Sie empört Ihre Mitstreiter suchen.
Beruhigen Sie sich. Ach, Sie wollen mir fluchen?
Ich spüre es doch, und Sie können sich setzen,
mir ist da ein wenig die Metrik missraten.
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Abgeschickt von Manfred Drewitz am 20 Januar, 2003 um 00:30:24
Melancholia
Wohin mag mich die Schwermut wohl noch führen?
Welch helle Zukunft dunkelt sie mir ein?
Kann ich mir selbst Vergangenes verzeihn,
bevor der Krebs mich frisst? Denn im Erspüren
all dessen, was zu tun ist, bin ich Meister.
Indes zum Handeln hat es nie gereicht.
Als ob ein Großes ängstlich von mir weicht,
fühl ich mich stets verlassener, verwaister.
Und doch, schau ich mich um, da gab es Stunden,
die waren leicht, ich hielt mich für gefunden,
ach, nur der Mut zum Glück war schwer. Zu spät,
mein Freund, zu spät, die Routen sind vermessen,
die vielen kleinen Fluchten längst vergessen,
wie frisch gemähte Gräser rasch verweht.
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Abgeschickt von Manfred Drewitz am 20 Januar, 2003 um 00:34:56
à lAuberge »Aux Quat Saisons«
Die Jahreszeiten gleichen klugen Spinnen
und wissen, wann sie ihre feinen Netze
ins Traumgeäst der Seelen spannen. Hetze
ist ihnen fremd. Sie wissen, sie gewinnen
im Frühling immer. All den Leichtverliebten
singt Maienluft im Blut und macht sie taumeln.
Sie werden flugs in Sommernetzen baumeln.
Wer übrig bleibt, zählt zu den Ungesiebten.
Die müssen nun den grauen Herbst erleiden.
Ein Kessel Buntes hilft die Schmerzen meiden,
die in der Dämmerung um unvertäute,
von allem losgelöste Herzen werben.
Der Winter kommt. Sie sind allein. Sie sterben.
Die Jahreszeiten finden ihre Beute.
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Abgeschickt von Manfred Drewitz am 20 Januar, 2003 um 15:42:35
Sonett IX von Louise Labé
Kaum habe ich zu schlummern angefangen,
mich kaum ins weich gewünschte Bett gelegt,
erhofft, was meinen armen Geist bewegt,
nichts, als in deine Nähe zu gelangen.
Seit ich begreif, was meine Brust umspannen,
umseufzen kann und mich so sehr durchwebt,
belebt das Schluchzen, das ins Atmen strebt,
Gebilde, welche früher oft zerrannen.
Oh, süßer Schlaf, oh, glücklich meine Nächte!
Begehrte Sinnenruhe voller Stille,
behüte alle Abende mein Träumen.
Wenn nun, was meiner Liebe Ruhe brächte,
dir nicht genehm ist, soll dein stolzer Wille
sie so berührn, als würd sie nichts versäumen.
das Original
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Abgeschickt von Manfred Drewitz am 10 Februar, 2003 um 23:48:43
Es sind die Nächte
Es sind die Nächte, die mich schauern lassen,
die Stunden nachdenklicher Einsamkeit.
Steht selbst die Stadt fast still, verrinnt die Zeit
behutsamer, als könnte sie nicht fassen,
daß sonst, im Licht!, auf Straßen, Plätzen, Gassen,
die Zeiten rauher sind. Bei Tage speit,
denn Leid ist Geld, ein ungeheurer Strom den Streit
der ganzen Welt in unstillbare Kassen.
Droht wirklich Krieg? Er scheint bewusst befohlen.
Kalkülgesteuert, macht er kalt zur Beute,
was seinen heißen Planern in die Optik passt.
Und ich des nachts am Fenster. Unverhohlen
taxiert der Tod, als ob er wiederkäute,
wieviel Verkohlte wohl sein weiter Mantel fasst.
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