Rilke mit seinem ganz eignen, oft wehmütig verwehenden Ton »reizt« zu Parodien, seien sie nun hämisch oder einfach nur komisch. Karl Wolfskehl, Robert Neumann, Kurt Pinthus, Hanns von Gumppenberg und gewiß noch manch andre »vom Fach« haben seine Lyrik und gelegentlich auch seine Prosa parodistisch auf die Hörner oder auf die Schippe genommen. Doch zuerst eine Internetsuche nach weniger Kanonischem. Das führte mich zu fanfiktion.de: Da finden sich vier Panther-Variationen, »im Rahmen einer Schulprojektwoche entstanden«, wohl 2012. Die zweite: Die Kuh, Die Autorin merkt an, daß ihr die Bezeichnung (»laut meinem Lehrer«) Parodie unpassend erscheine, weil doch »der Sinn dahinter ernst und ernstgemeint ist«. Damit hat sie recht, denn ihre Umdichtung ist keine »verspottende, verzerrende oder übertreibende Nachahmung«, wie Gero von Wilpert die Parodie definiert, sondern schreibt das Rilkesche Motiv zuspitzend fort. Ebenfalls von ihr die Variation »Das Krokobaby in der Lederfarm, Australia«, dem bestimmt ist, als Handtasche zu enden. Mit demselben Tenor die anderen beiden Gedichte, anscheinend von andren verfaßt. Im einen geht es um ein Huhn in Massenhaltung für Kentucky Fried Chicken, im andren um Ratten im Forschungslabor, denen in der letzten Zeile Gift gespritzt wird. Alles Motive, an denen nichts zum Lachen ist. Auf vergleichbaren Mißstand weist Rudi Faßbenders erste und insofern ebenfalls nicht Parodie zu nennende Variation: Sautransporter auf der A 2 bei Lauenau Danach wirds dann insofern wirklich parodistisch, als eher banal Alltägliches mit dem Gestus des Rilkegedichts daherkommt, mit Gedichttiteln wie »Die Kanzlerin«, »Der Wähler«, »Dichter im Café Arco in Prag« und »Der Radiohörer«. Und wie sich seit »Sonette an tOrpheus« denken läßt, Faßbenders Transposition der »Sonette an Orpheus« ins Fußballerische, kommt auch dieser Lebensbereich zur Sprache, unter anderem »festgemacht« am Torhüter Sepp Maier: Die Katze von Anzing Das vorletzte Gedicht in der Erstausgabe von 2018 das letzte, dann war 2020 »Panthe(re)mie« mit Bezug auf die Covid-19-Pandemie nachzutragen wendet sich der Frage zu, was der eingesperrte Panther täte, ließe man ihn frei: Der Tierpfleger In seinen Panther-Variationen hält sich Faßbender durchgängig ans abab-Reimschema der Strophen Rilkes, nicht ganz so konsequent an dessen metrisches Schema des Gedichts: elf Zeilen mit fünf Hebungen, die letzte mit vier als fehlten dem Dichter am Schluß die Worte. Faßbender zu den Freiheiten, die ihm da unterlaufen: »Es sollen ja auch keine Gedichte für die Ewigkeit sein « Und: »Mong djöh, ick hab mir an Rilke verjangen!«, bekennt er im fünfstrophigen, für Faßbender etwas untypisch (?) in Berlinisch gehaltenen Anhang »Der Parodist zeigt Reue«. Drei seiner fünfzehn Variationen sagt Faßbender am Kieler Literaturtelephon auf. Und um sicher zu gehen auch dort. Zum Schluß noch eine Beobachtung im Tierpark Schönbrunn, achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Vor dem Pumagehege stehen ein Mann und ein kleines Mädchen, schätzungsweise knapp zehn Jahre alt. Oben auf einer entrindeten Baumleiche regungslos ein Puma, Blick unverwandt in unbestimmte Weite gerichtet. Der Mann rezitiert Rilkes Panther. Das Mädchen darauf: »Papi, du weißt immer so traurige Gedichte.« Robert Wohlleben Rudi Faßbender: Wir sind Panther! Variationen von Rilkes Der Panther. Prasdorf in Holstein 2020. 16-Seiten-Heft mit Kartonumschlag. Bezug durch Rudi Faßbender, Zum Wendeplatz 1 a, 24253 Prasdorf; E-Mail PrasDorfpoet@t-online.de.
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