Gerald Sammet
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Daher ist es auch, schon im Titel vorgezeichnet, ein Vexierbild, das Wohlleben in seiner brillanten Spiegelfechterei herbeizuzaubern versteht. Passagen des einen Buchs leuchten auf überaus vertrackte Weise aus dem andern hervor und finden im streng analytisch gehaltenen Erzählfluß dieses dritten wieder zu sich. Beidem wird nachgespürt: der offenkundigen Wahlverwandtschaft und der verräterischen Distanz. Dies alles ist blitzgescheit geschrieben und vor allem gelesen, zumal Wohlleben weit davon entfernt ist, auf Germanistenart Struktur in Struktur abzubilden, bis man nur noch auf die vermeintlich signifikanten Webfehler schaut. Jede Geschichte geht ihren durchaus eigenen Gang, aber sie geht auch nicht achtlos an der andern vorbei. Man muß sich das vorstellen wie beim Traum in einem Traum: Der Träumer des zweiten kann nicht wissen, wo genau und wie vollständig er sich in seinem ersten befindet. Robert Wohlleben weiß da sehr genau, wovon er redet. Außer dem Schimmelreiter zählen zu seinen Lieblingsbüchern auch die Wunderland- und Spiegelwelten des Lewis Carroll. Selten genug wird man auf eine so unbeschwerte und fast nebensächlich intelligente Weise hinters Licht der einmal gesicherten Erkenntnis geführt. Der Autor versteht was von Charakteren und wie Bücher um sie herum so gebaut werden müssen, daß sie imstande sind, über sich hinaus ganz seemännisch gesprochen in dem Fall Fahrt aufzunehmen. Daher gewinnt der Kolportageroman Seefahrt ist not! bei ihm für sich zurück, was die Bildungsbürgerei ihm verwehrte: die Plausibilität von mehr als einer leidlich erfolgreich erzählten Geschichte. Man schaut ins Kaleidoskop und läßt sich, manchmal geblendet und weit öfter schon überzeugt, selbst Sätze wie diesen gefallen: »Ich für mein Teil bin dessen gewiß, daß Gorch Focks Seefahrt ist not! ein umgeschriebener Schimmelreiter ist. Ob mir nun aber auch Verklarung gelungen ist ...?« Der Part bleibt bei den Lesern, die nun aber auch gehalten sind, noch einmal ihr geschärftes Auge auf die beiden Bücher zu werfen. Man muß dem Anstifter nicht folgen, aber man darf. So kenntnisreich und unangestrengt auf die Spur einer Obsession gelockt wird man nicht oft, und dies nicht nur nebenbei: So liebevoll ausgestattete und lesbar gemachte Bücher gibt es eigentlich auch schon nicht mehr. Lena möchte man am Ende bloß heißen und Tochter bei Robert Wohlleben sein. |
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