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Der Schimmelreiter von Finkenwerder: Umschlag

Der Schimmelreiter
von Finkenwerder

Theodor Storms »Schimmelreiter«
in Gorch Focks »Seefahrt ist not!« entdeckt

Lektüre eines Vexier-Romans

Von Robert Wohlleben

Mit Bildern von Oliver Böhm

Meiendorfer Druck Nr. 31
(1995)
214 Seiten Oktav, gebunden (460 Exemplare)
Vorzugsausgabe mit einer Original-Lithographie von Oliver Böhm
(40 numerierte Exemplare)

Oliver Böhms Lithographien

*
Navigare necesse est,
VIVERE NON EST NECESSE …

 

Gorch Fock

Gorch Fock auf der Wiesbaden, 1916

im März, April oder Mai 1916
auf dem Weg ins Skagerrak
und in den Untergang
(31. Mai 1916)

*
1912 erschien
sein Roman
SEEFAHRT IST NOT!

*
Gorch Fock oder Storm?

Hier gehts um einen vertrackten Fall von literarischem Manierismus:

Gorch Fock hat seinem Fischer-Roman »Seefahrt ist not!« von 1912
Matrix und Motive von Storms »Schimmelreiter« zugrunde gelegt.
Mit durchtriebenen Verkleidungen und Umkehrungen.

Was passiert da?
Der heranwachsende Kinderheld ist Lichtgestalt und Hoffnungsträger
wie Uhlands Jung Siegfried –
aber als erwachsener Seefischer auch Hagen,
der wie bei Hebbel suizidal »ins dunkle Heunenland hinunterzieht«.
Und wohl auch ein Fliegender Holländer mit einem Schiff, von dem es heißt:
»die Gaffeln knarren, und die Schoten schlagen wie wilde Geister« …
also ein GEISTERSCHIFF.
KEIN gutes Omen so dicht vorm 1. Weltkrieg!

Im Motto von SEEFAHRT IST NOT! spricht ein REITER:

Laßt mich nur auf meinem Sattel gelten,
bleibt in euern Hütten, euern Zelten,
und ich reite froh in alle Ferne –
über meiner Mütze nur die Sterne.

Dazu in meinem »Schimmelreiter von Finkenwerder«:

Die überzeugendste Reitergestalt in Gorch Focks Roman ist der kleine Störtebeker, wo er gerade kein Schimmelreiter sein will. Nachdem Vater Klaus Mewes mit seinem Ewer verschollen ist und Störtebeker so überhaupt nicht daran glauben will, schickt ihn seine Mutter Gesa zu ihren Eltern auf den Heidehof. Aber er hält es bei den Großeltern nicht lange aus, vergißt anscheinend gar das Motto des Romans mit den Sternen über der Mütze des Reiters:
Störtebeker ließ sich das neue Leben und die neue Umgebung auch einige Tage gefallen […]: dann aber fiel ihm plötzlich ein, daß sein Vater aufgekommen sei und auf dem Neß mit dem Ewer läge und auf ihn warte; da sprang er kopflängs von dem Schimmel herab, auf dem er saß, und lief in Sprüngen weg, ohne Mütze und alles.

MEHR zum Thema:
Der Deichgraf blieb im Skagerrak

*
Reimer Eilers über den »Schimmelreiter von Finkenwerder«

Hans-Werner Engels über den »Schimmelreiter von Finkenwerder«

Manfred Goldbeck über den »Schimmelreiter von Finkenwerder«

Gerald Sammet über den »Schimmelreiter von Finkenwerder«

Annemarie Stoltenberg über den »Schimmelreiter von Finkenwerder«

Wolfgang Uster grüßt den Fimmelreiter von Schinkenwerder

*
Über Rudolf Biebrachs Film »Seefahrt ist not!« (1921)

DAS ist aus Gorch Fock geworden I

DAS ist aus Gorch Fock geworden II

Über Curt Oertels und Hans Deppes Film »Der Schimmelreiter« (1933)

Wie Hellmuth Karasek Theodor Storm durchs Sieb des literarischen Gedächtnisses fallen läßt

Maritimer Kommentar aus dem meteorologischen Handbuch »Donnerwetter«
(Meiendorfer Druck Nr. 11):
Bei wogenden Wellen sieht man die Maaten
auf schwankenden Planken durchs Wasser waten.
(Meinem Sohn Ulrich Wohlleben gewidmet,
als er noch auf der Lütjens fuhr)



»Der Rabe« Nr. 39 (Frühling 1994)
mit dem Ertrag der Rendsburger nordkolleg-Tagung »Literatur vom Meer und von Schiffen« enthält auf Seite 152 Volker Kriegels denkwürdige Fischer/Schimmelreiter-Doppelbelichtung.
Erschienen, als ich gerade damit umging, dies für Gorch Focks Fischer Klaus Mewes nachzuweisen.
Fischer und Schimmelreiter in eins … DA hab ich GEKUCKT!
Natürlich hab ich Volker Kriegel gefragt, ob er etwa …? Hatte er nicht. Alles »Zufall«. Faxte mir die auf Rollen gesetzte Auflösung:

* * *
Und weil ich gerade vom Raben 39 rede …
DIES fehlt bei meinen dort abgedruckten maritimen Sonetten:

Törn


Der Tag geht an mit Halsen: Schlag um Schlag
verschlingt der Kurs sich in die Archipele,
daß keins der Eilande im Logbuch fehle:
die Länge, Breite, wie’s zum Winde lag …

An Deck das Tauwerk, Ladung laut Vertrag.
Zu leicht im Kiele, krängt nun die Kraweele.
Ins Bilgenwasser leckt des Schiffes Seele.
Wahrschau und Kopp weg! Sie geht über Stag!

Die Dünung wälzt sich her im steten Treck,
in Schwall und Gischt zertrennt der Bug die Fluten.
Kielwasser hetzt zum Himmel hinterm Heck.

Der Törn durchzackt die Karte über Eck.
Zenit und Nadir flackern durchs Vermuten
und vage Azimute ins Besteck.

(etwas Kommentierung)

Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger

(aus Meiendorfer Druck 22 = Falsch und wunderbar von Robert Wohlleben)


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