Fünf Lamenti liebevoll gemacht Der Wohlleben Verlag, der, wie er in seinen Prospekten warnt, nur »anfallsweise« arbeitet, hat einen Anfall gehabt. Erfreulich sicher für die gewiß nicht allzu große Gemeinde eines Post-Dada, die es in Scherz, Satire, Nonsens und tieferer Bedeutung immer noch mit dem inzwischen zum Klassiker erhobenen Kurt Schwitters hält. Die »Vier Lamenti« (Wehklagen) des Übersetzers und Lyrikers Ralf Thenior vom Jahrgang 1945 sind tieftraurige, wenngleich nicht ganz ernst gemeinte Randbemerkungen zum wohl bedeutendsten Thema aller Lyrik, dem Tod. Kurz, knapp und nicht einmal zynisch wäre es auf den Nenner des letzten Satzes im ersten Gedicht (»Es ist tot«) zu bringen: » das hast du nicht gewußt, / daß es so einfach geht « Die Vertonungen des Dortmunder Komponisten Alfred Wank mit den auffallenden Gruppen von je vier Sechzehntelnoten scheinen mir für Sängerinnen wie Ortrud Beginnen bestimmt oder die Liedertafel der Schule der Neuen Prächtigkeit, die es aber wohl nicht mehr gibt. Eine fünfte Wehklage, wie häufig in dieser Reihe von Alfons Teschau mit dem Gummistempel gedruckt und dann reproduziert, stammt von Karl Riha, dem Dadaisten unter den Literaturwissenschaftlern und dem Feuilletonisten unter den Herausgebern. Da ist am Ersten eines Monats eine Liebe den Bach heruntergegangen, die sich noch bis zum 12. hinzieht und in burschikoser Alltagssprache knapp manifestiert, wobei die Jargoneinschübe deutlich den bitteren Hintergrund zu verdrängen trachten, so etwas wie Frohsinn bei einer Beerdigung. Zum Schluß bleibt das einst so heißgeliebte Wesen »für immer / so abgehackt / und setzt dich nicht mehr zusammen / nicht mal im traum.« Zu preisen ist wiederum die ärmliche, bescheidene, wenngleich unglaublich aparte Ausstattung der beiden neuen Meiendorfer Drucke. Bibliophilie für den armen, kleinen Mann (oder auch Frau). H. O. DER TAGESSPIEGEL, 29.10.1989
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