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STERBENSLÄNGLICH
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Die Ewigkeit zerfällt uns zu Sekunden,
von denen eine jede ewig währt.
Der Zeiger unsrer Uhr hat sich bekehrt
und läuft nach links zurück die Zirkelrunden.
Umsonst: der letzte Grund wird nicht gefunden.
Die Stundengläser sind schon sandentleert.
Es steigt am Sternenhimmel kein Gefährt.
Der große Wagenlenker ist verschwunden.
Für jeden Augenblick in Gottes Namen
das Urteil lautet: Sterbenslänglich! Amen.
Den toten Augen bleibt nichts mehr zu blicken.
Der letzte Mensch verstummt in seinen Qualen
und überläßt den Rest den Kannibalen.
Die Geigerzähler hören auf zu ticken.
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OURANOUPOLIS
Hoch überm Meer den dunklen Felsen krönt
ein Quaderbau von heißen weißen Steinen.
Aus diesen Mauern, die zu trauern scheinen,
dringt nachts ein Laut, wie wenn ein Kranker stöhnt
zum letzten Mal, des Lebens schon entwöhnt;
wie Zwerge, die den Schrumpfwuchs schrill begreinen.
Von den Bewohnern siehst du lange keinen;
wirst nur von ihrem Schattentanz verhöhnt.
Nun heulen hinterm Haus verstimmte Harfen;
um ihren Gott zu uzen, krächzen Käuze;
Gestalten in Kapuzen schlagen Kreuze,
dem Grab entstiegen als ergrimmte Larven.
Du stolperst rückwärts, fliehst die Poltergeister -
da packt dich eine Faust: der Foltermeister.
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Meiendorfer Druck Nr. 20
Klaus M. Rarisch
Die Geigerzähler hören auf zu ticken
Neunundneunzig Sonette mit einem Selbstkommentar
Robert Wohlleben Verlag, Hamburg 1990
160 Seiten Oktav, gebunden
500 Exemplare
KMR: WIEDERVEREINEIIGUNG
Kritisch gezogene Hüte:
Ernst-Jürgen Dreyer schreibt (zweimal) über Geigerzähler
HEL schreibt (zweimal) über Geigerzähler
Lars Clausen schreibt über Geigerzähler
Günter Emig schreibt über Geigerzähler
Herbert Fussy schreibt über Geigerzähler
und
von Klaus M. Rarisch ein Nachklapp zum SELBSTKOMMENTAR (März 1999)
Wohlleben beantragt Förderung beim Deutschen Literaturfonds
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